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08.01.2001
 

Open Source Software beim Web-Auftritt der TV-Serie Big Brother

Die kleinen Helfer des großen Bruders

von Ulrich Wolf

Matthias Eichler
Matthias Eichler ist bei der Münchner Firma AME für die Big-Brother-Technik verantwortlich.
Wie immer man zur Fernsehserie Big Brother stehen mag, erfolgreich ist sie. Daran dürfte auch das aufwändige Web-Angebot einen großen Anteil haben. Die Serverarchiktektur der Big-Brother-Website beruht nahezu ausschließlich auf Open-Source-Lösungen.

Trotz Internet-Boom sind es immer noch die klassischen Medien Print und Fernsehen, die unseren Alltag bestimmen.Deswegen zählen wiederum die Internet-Angebote dieser Medien zu den meistbesuchten im Web überhaupt.

Kommt dann noch ein kräftig geschürter Hype wie bei vielgeliebten und viel geschmähten Reality-Schmonzette Big Brother dazu, kann man sich das Ächzen der dahinter stehende Webserver beinahe bildhaft vorstellen.

Open-Source ist vorn dabei

Bei Big Brother ist Interaktion Programm und das Aufweichen der traditionellen Linie zwischen Akteur und Zuschauer der Hauptanteil im Erfolgsrezept. Das Webangebot der Produktionsfirma Endemol spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch wenn man über den Inhalt der Sendung geteilter Meinung sein kann, lohnt sich ein Blick auf die dahinter stehende Technologie, mit der diese High-Traffic-Seite mit gleichzeitig hoher Verfügbarkeit gebaut wurde. Doch zunächst ein paar Zahlen: Die erste Staffel von Big Brother verursachte auf den Weberservern während der hundert Sendetage insgesamt 220 Millionen Page Impressions. Für das Voting melden sich pro Sekunde ein bis zwei neue Nutzer an. Für den Big-Brother-Newsletter fanden sich immerhin noch 95 000 Abonnenten. Der gebündelte Voyerismus der Deutschen sorgte beim Big-Brother-Projekt für 5 Terabyte Web-Traffic. Dabei ist aber weder der Bereich der Chats und Foren dabei, noch der Streaming Content, der über separate Server läuft.

Viele IT-Entscheider wären bei solchen Anforderungen schnell bei einer High-End-Lösung wie Sun-Servern mit Solaris hängengeblieben. Die TV-Produktionsfirma Endemol jedoch, die Big Brother erfunden hat, produziert und bis über die Schmerzgrenze hinaus vermarktet, ist an Lösungen interessiert, die sich rechnen, und überlässt die Entscheidung über Details wie die Wahl von Betriebssystem und Hardware ihren Auftragnehmern. So ist es schon bemerkenswert, dass alle Internet-Aktivitäten an Firmen vergeben wurden, die im Serverbereich voll auf Open-Source und Intel-Standard-Hardware setzen.

Letzter NT-Server nominiert

Wer Endemol und sein Fastfood-TV kennt, wird ahnen, dass ideologische Aspekte bei dieser Entscheidung kaum eine Rolle gespielt haben werden. Gleiche Service-Qualität ist hier einfach billiger zu haben, ein Aspekt der den sparsamen Holländern nicht entgangen ist: Es fallen keine Lizenzkosten an, hochbezahlte Manager müssen nicht stundelang in Meetings sitzen, um günstige Nutzungsbedingungen proprietärer Software herauszuschinden, und nicht zuletzt sind Stabilität, Belastbarkeit und Administrierbarkeit von Open-Source-Produkten auch nicht zu verachten, wie man Lesern dieses Magazins nicht eigens erklären muss. Kein Wunder also, dass die Münchner Firma AME, die den Web-Auftritt der TV-Produktion betreut, den letzten noch verbliebene NT-Server am Produktionsstandort Hürth nach Ende der ersten Big-Brother-Staffel durch einen SuSE-Linux-PC ersetzte, bevor er sich zu einsam fühlte.

Die etwa 20 Mitarbeiter starke Multimedia- und Internet-Firma AME haben sich der Medienkonvergenz verschrieben. Das heißt nichts anderes, als dass sie konventionelle Medien wie Fernsehen und Radio mit dem Internet verknüpft. AME ist vertikal organisiert. Man tut dort alles selbst, vom Zusammenschrauben der Server bis zur derzeit allseits beliebten Bereichen wie Content Creation und Content Management. Ein Unternehmen dieser Struktur kann es sich nicht leisten, zusätzlich horizontale Kompetenzen aufzubauen, also zum Beispiel Spezialisten für NT oder Linux und BSD bis zu Solaris zu beschäftigen. Die Konsequenz ist einfach: Für die Webserver setzt man auf FreeBSD, bei der Entwicklung, bei File- und Datenbankservern auf Linux und bei den Datenbanken selbst auf MySQL.


Technik vor Ort
Open Chassis für Open Source: Viel Handarbeit beim Aufbau des Redaktionssystems.
Samba auf dem neuesten Stand

Fernsehen ist ein kurzlebiges Geschäft. So blieb vor Beginn der Ausstrahlung der ersten Staffel lediglich eine Realisationsphase von vier Wochen, um Server und Web-Angebot aufzusetzen. Das Leben im Big-Brother-Web spielt sich an vier verschiedenen Standorten ab, zuerst natürlich in Köln/Hürth, wo der Container steht. In dessen unmittelbarer Nähe sitzt eine Internet-Redaktion und tippt Wissenswertes und Belangloses über die Heim-Insassen in die Computer. Diese Clients laufen derzeit mit Microsoft Windows, was sich möglicherweise aber bald ändern wird. Der Server für das Redaktionssystem und die Fileserver sind mit SuSE-Linux ausgestattet, die Anbindung der Clients erfolgt über ein selbstgestricktes Samba-System aus den beiden Entwicklungszweigen Samba TNG und Samba Head, die sich beide offiziell noch im Betastadium befinden.Das Eigenbausystem hat mehr Features als das derzeit als stabil erklärte Samba, und besser als der alte NT Server läuft es allemal.

Samba TNG ist eine derzeit vom Haupt-Entwicklungszweig abgezweigte Variante, die am besten als Domain-Controller für Windows-NT-Netze geeignet ist. Samba Head dagegen ist auf Performance als Fileserver optimiert. Die AME-Techniker haben nun einfach die Quellen von Samba TNG mit Teilen des Codes von Samba Head gepatched. Kein Problem mit freier Software, undenkbar bei allen Arten kommerzieller Systeme.
Das Redaktionssystem selbst stammt nicht von AME und ist auch nicht Open Source. Man griff stattdessen wegen aus Zeitgründen auf das Produkt WebMan des Berliner Softwarehauses Team Konzept und eine Sybase-Datenbank zurück.
Bemerkenswerterweise sind in Hürth zwar 25 Online-Redakteure von Endemol vor Ort, aber kein einziger AME-Techniker.
Das gesamte System wird von München aus gewartet und administriert. Selbst Hardwareausfälle sind kein Problem. "Als einmal die SCSI-Platte mit dem kompletten /usr-Filesystem ausgefallen war", so berichtet Matthias Eichler, für die Technik der Website verantwortlich, "haben wir einfach einem der Redakteure fünf Befehle am Telefon durchgesagt. Dann hat er eine neue Festplatte gesucht, wir haben nämlich stets einige Komponenten in Hürth vorrätig. Die Platte wurde nach unseren Anweisungen eingebaut - den Rest erledigten wir remote."
Bei einer Site mit derart hoher Sichtbarkeit sind natürlich auch Hacker-Angriffe keine Seltenheit, deshalb überwachen die AME-Mitarbeiter die Server mittels NetSaint.

Viel Know-how mit schnellen Servern

Das Redaktionssystem erzeugt statische Webseiten, die mittels scp auf die eigentlichen Webserver gespiegelt werden. Aus Gründen der besseren Netzanbindung stehen diese in Frankfurt und sind direkt mit dem DeCIX-Knoten verbunden. Auch die Webserver sind aus hochwertigen Standardkomponenten von AME selbst zusammengebaute PCs und laufen unter FreeBSD.

Warum nicht Linux? "Ganz einfach", sagt Matthias Eichler, "wir haben uns hier seit 1998 Know-how mit BSD auf großen Webservern aufgebaut, wir wissen am besten, wie wir sie zu optimieren haben und welche Hardware am besten läuft. Sicher kann man auch mit Linux eine hohe Performance erreichen, aber warum sollen wir unser Know-how nicht nutzen?" Entschieden wird bei AME ganz pragmatisch. Auf den Big-Brother-Webservern laufen übrigens über 1000 Apache-Prozesse gleichzeitig, um die hohe Last zu bewältigen.


Foren bei BB3
Auch hinter den vielen Foren steckt ein Linux-Cluster.
Plappern was das Zeug hält: Webchats und Foren

Für den Community-Bereich des Web-Auftritts von Big Brother ist die Exitec AG in Flensburg zuständig. Dazu zählen alle Foren und Chats, die unter der Dachmarke NECST angeboten und in die Framestruktur der BB-Webite eingebunden werden.

Die komplette Server-Infrastruktur ist unter Linux realisiert. Exitec setzt überwiegend Red Hat Linux ein. Alle Projekte des Unternehmens laufen auf einem Cluster mit Linux Virtual Server (LVS). Derzeit sind vier Doppelprozessormaschinen mit jeweils 1 GByte RAM geclustert. Der Datenbank-Server ist ebenfalls eine Dual-Maschine mit 4 GByte RAM und einem RAID-5-System aus insgesamt zehn Festplatten.

Alle Rechner sind durch redundante Netzteile gesichert und jeder Webserver hat zusätzlich ein kleines RAID1-System.
Für die Ausfallsicherheit des Clusters ist in erster Instanz der Load Balancer verantwortlich, der über Heartbeat den Status der Webserver abfragt und bei Bedarf einen Redundanz-Server in Betrieb nehmen kann. Auch für den Load Balancer selbst gibt es einen Fallback-Rechner.

Überwachung bis in die Dusche

Ohne Streaming Content wäre eine solche Website nur halb so schön. Schließlich will man die Insassen dieses öffentlichen Hauses ja auch übers Netz beobachten. Das Encoding der Streams verschlingt jedoch einiges an Rechenleistung. Als Encoder etwa 25 PCs mit SuSE-Linux im Eisatz, die bei Schmalband-Encoding zwei Streams parallel verarbeiten können. Auch die vielen Sensoren, die im Container messen, was die Fans interessiert - wie lange der Kühlschrank offen steht oder das Wasser in der Dusche läuft - melden ihre Daten an einen Linux-Rechner, der ausnahmsweise mit Red Hat betrieben wird.

Die Sensoren sind Embedded Systems, die ein eigenes Netzwerk auf Ethernet-Basis bilden. Alle Informationen werden über IP übertragen und in einer MySQL-Datenbank gesammelt, auch die, wann und wie lange die Kühlschranktür offen steht. Umgewandelt in kleine Server Site Include Files gelangen diese Daten anschließend auf den Webserver in Frankfurt, wo sie dynamisch in die HTML-Seiten eingebaut werden. Für die nächste Staffel soll die Anzahl der Sensoren von derzeit sieben sogar verdoppelt werden. Was die neuen Spione allerdings über die Gewohnheiten der Heimbewohner in Erfahrungen bringen und der Welt verkünden sollen, wollte AME nicht verraten. Trotzdem wünschen wir den Technikern viel Erfolg beim Verkabeln und allen Big-Brother-Fans viel Spaß beim Beobachten der freiwillig gläsernen Menschen.


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Das Münchner Medienhaus AignerMEDIA (AME) GmbH ist auf die Verknüpfung von Radio und TV mit dem Internet spezialisiert. Darüber hinaus bietet AME Sonderlösungen für kurzfristig zu realisierende und in ihrer Konzeption und Umsetzung einmalige Internetauftritte.
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